Klinische Studien, Schwangerschaft & Verhütung

Die Sicherheit von Schwangeren und ungeborenen Babys geht vor

„Sind Sie schwanger oder planen Sie, bald Kinder zu bekommen?“ Diese Frage wäre in einem Vorstellungsgespräch völlig unangebracht. Fragen nach Kinderwunsch oder Verhütung gelten in dieser Situation als Eingriff in die Privatsphäre.

Anders sieht es aus, wenn eine Person an einer klinischen Studie teilnehmen möchte. In diesem Zusammenhang sind solche Fragen nicht nur üblich, sondern auch notwendig. Denn abgesehen von sehr seltenen Studien, die gezielt Medikamente für die Anwendung in der Schwangerschaft untersuchen, sind schwangere und stillende Personen in der Regel von der Teilnahme an Arzneimittelstudien ausgeschlossen. Das hat nichts mit Diskriminierung oder Ungerechtigkeit zu tun, ganz im Gegenteil: Dieses Vorgehen dient dem Schutz der Schwangeren und insbesondere dem ungeborenen Kind. Die Sicherheit aller Beteiligten hat in der medizinischen Forschung oberste Priorität.

Schwangerschaft in klininschen Studien | Novartis - klinische Forschung - schwangere Frau in Nahaufnahme

Gefahren von Medikamenten für Schwangere & Kinder oft unbekannt

Maria Wagner* ist 32 Jahre alt, als sie und ihr Ehemann erfahren, dass sie ein Kind erwarten. Die Schwangerschaft war geplant und beide freuen sich sehr auf das Baby.
Die junge Frau lebt seit mehreren Jahren mit Epilepsie. „Als die Krankheit Ende der 1980er Jahre bei mir festgestellt wurde, war ich verzweifelt. Ich dachte, ich würde nie wieder ein normales Leben führen können.” erzählt sie. “Aber mit den Medikamenten, die ich bekam, konnte ich ohne große Einschränkungen gut leben. Dafür bin ich bis heute sehr dankbar.“
Ihre Schwangerschaft verläuft problemlos. Die Geburt ihrer Tochter Annika im Jahr 2000 beschreibt Maria Wagner als den schönsten Tag ihres Lebens.

Schwangerschaft und klinische Studien | Novartis - klinische Forschung - Baby hält Hände von Großmutter

Unerwartete Spätfolgen: Risiken schwer abschätzbar

Anfangs entwickelt sich Annika ganz unauffällig. Doch etwa ab dem siebten Lebensjahr bemerkten ihre Eltern, dass sie sich in einigen Bereichen langsamer entwickelt als andere Kinder in ihrem Alter. „Uns ist aufgefallen, dass unsere Tochter in vielen Dingen mehr Zeit braucht als Gleichaltrige“, berichtet Maria Wagner. Annika hat Schwierigkeiten beim Lernen, zeigt Sprachverzögerungen und verhält sich in manchen Situationen auffällig – mit Anzeichen, die an Autismus erinnern.

„Annikas Ärztin vermutete, dass die Epilepsie-Medikamente, die ich während der Schwangerschaft einnehmen musste, eine Rolle gespielt haben könnten“, erklärt die Mutter. Eine skandinavischen Studie aus dem Jahr 2013 stützt diese Annahme. Doch als Epilepsie-Patientin konnte Maria Wagner ihre Medikamente nicht einfach absetzen. Das wäre für sie und das ungeborene Kind zu riskant gewesen.

Das Beispiel von Familie Wagner zeigt, wie schwierig es ist, die Auswirkungen von Medikamenten auf das ungeborene Leben vorherzusagen, besonders wenn diese Medikamente nicht gezielt an schwangeren Personen erforscht wurden. Solche Risiken lassen sich bei bei kaum einem verschreibungspflichtigen Medikament vollständig ausschließen.

Genau deshalb gibt es zu vielen Medikamenten, die während der Schwangerschaft eingenommen werden, wenige oder gar keine aussagekräftigen Untersuchungen, die eine Unbedenklichkeit für Mutter und Kind belegen. Denn um belastbare Daten zu erhalten, müssten gezielt Studien mit schwangeren Teilnehmer*innen durchgeführt werden. Das würde bedeuten, mögliche Risiken für Mutter und das ungeborene Kind bewusst in Kauf zu nehmen. Die medizinische Forschung steht hier vor einer schwierigen, ethischen Grundsatzfrage: Wie lässt sich der Schutz von Schwangeren und ungeborenen Kindern mit dem Wunsch nach besseren Behandlungsmöglichkeiten in Einklang bringen?

Ethische Frage: wie viel Forschung ist vertretbar? – Zwischen Schutz und medizinischem Forschritt

Schwangere Personen und ihre ungeborenen Kinder gelten als besonders schutzbedürftig, darin sind sich viele Fachleute einig. Gleichzeitig gibt es auch Stimmen, die fordern, dass auch Schwangere Zugang zu bestmöglichen medizinischen Behandlungen haben sollten. Doch  ohne gezielte Forschung ist das kaum möglich.

In den USA und einigen europäischen Ländern dürfen schwangere Personen dehalb unter strengen Voraussetzungen an bestimmten klinischen Studien teilnehmen. Diese Studien sind sorgfältig reguliert und sollen helfen, die medizinische Versorgung während der Schwangerschaft zu verbessern.

In Deutschland hingegen ist die Teilnahme schwangerer Personen an klinischen Studien weiterhin grundsätzlich ausgeschlossen. Das bedeutet aber auch, dass mögliche Risiken vieler Medikamentef ür das ungeborene Kind, also sogenannte teratogene Wirkungen, in den meisten Fällen unerforscht bleiben.

Schwangerschaft und klinische Studien | Novartis - klinsiche Forschung - Arzt zeigt schwangeren Frau Ultraschallbild auf Tablet

Medikamente wirken nicht immer gleich

Die Risiken bestimmter Epilepsie-Medikamente für die Entwicklung ungeborener Kinder sind heute weitgehend bekannt. Fälle wie der von Annika Wagner zeigen jedoch, wie unterschiedlich ein und dasselbe Medikament in verschiedenen Lebensphasen wirken kann.

Auch unabhängig von einer Schwangerschaft, kann die Wirkung eines Medikaments von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich sein. Faktoren wie Geschlecht, Körpergröße und Gewicht oder sogar die ethnische Herkunft können beeinflussen, wie ein Medikament im Körper wirkt

Bei Schwangeren ist deshalb nicht nur aus ethischen Gründen besondere Vorsicht geboten. Während einer Schwangerschaft sind viele Prozesse im Körper bis heute nicht vollständig verstanden. Das macht es schwierig, die Wirkung von Medikamenten zuverlässig vorherzusagen. Deshalb gilt bei klinischen Studien: Eine Schwangerschaft sollte über den gesamten Verlauf der Studie hinweg ausgeschlossen werden. Nur so lässt sich das Risiko für Mutter und ungeborenes Kind minimieren.

Schwangerschaft klinische Studien | Novartis - klinische Forschung - ungemachtes Bett

Verhütung während Studienteilnahme unerlässlich

Teilnehmende an klinischen Studien, die schwanger werden könnten sind verpflichtet, während der gesamten Studiendauer sicher eine zuverlässige Verhütungsmethode anzuwenden. Grundlage für die Bewertung der Sicherheit einer Verhütungsmethode ist der sogenannte Pearl-Index. Er gibt Auskunft darüber, wie viele von 100 gebärfähigen Personen trotz Anwendung einer bestimmten Methode innerhalb eines Jahres schwanger werden. Je niedriger der Index, desto sicherer die Methode. Um vergleichbare Bedingungen für alle Teilnehmenden zu schaffen, schreiben viele Studien  sogar bestimmte Verhütungsmethoden vor. Das ist wichtig, um die Ergebinsse am Ende korrekt auswerten zu können.

Zu den sichersten Verhütungsmitteln laut Pearl-Index gehören:

  • Hormonpflaster
  • Antibabypille
  • Spirale (Kupfer- oder Hormonspirale)
  • Dreimonatsspritze

In manchen Studien kann auch sexuelle Enthaltsamkeit (Abstinenz) als sichere Verhütungsmethode gelten, allerdings nur, wenn die Studienärztin oder der Studienarzt davon überzeugt ist, dass diese konsequent eingehalten wird. Für junge Menschen in festen Beziehungen kann das eine Hürde darstellen. Bei Studien, die nur wenige Wochen dauern, ist Abstinenz unter Umständen realtistischer als bei Langzeitstudien.

Hormonelle Verhütung – nicht für alle die erste Wahl

Hormonelle Verhütungsmethoden gehören– bei korrekter Anwendung – zu den sichersten überhaupt. Gleichzeitig stehen sie zunehmend in der Kritik. Sie greifen in den natürlichen Hormonhaushalt ein, unterdrücken meist den Eisprung und können Nebenwirkungen wie depressive Verstimmungen, Gewichtszunahme oder verminderte sexuelle Lust verursachen. Gerade viele junge Personen empfinden hormonelle Verhütung deshalb als nicht mehr zeitgemäß und lehnen diese bewusst ab. In neueren klinischen Studien versucht man daher, wo immer möglich, auf das veränderte Verhütungsverhalten Rücksicht zu nehmen.

Welche Form der Verhütung im Rahmen einer Studie geeignet ist, hängt auch davon ab, ob das zu untersuchende Medikament die Wirkung hormoneller Verhütungsmittel beeinflussen könnte. In solchen Fällen werden alternative Verhütungsmethoden vorgeschrieben.

Wichtig ist: wer an einer klinischen Studie teilnehmen möchte,  sollte die verschiedenen Möglichkeiten der Verhütung unbedingt mit der Studienärztin oder dem Studienarzt besprechen. In den meisten Fällen lässt sich gemeinsam eine passende Lösung finden.

Warum Verhütung nicht nur Frauensache ist – auch in klinischen Studien

Nicht nur schwangere Personen müssen bei der Einnahme von  Medikamenten besonders geschützt werden – auch die Partner*innen von männlichen Studienteilnehmern können betroffen sein. Denn bestimmte Arzneimittel können die Qualität des Spermas beeinflussen und dadurch das ungeborene Kind bei der Zeugung schädigen.

Medikamente können das Sperma auf zwei Arten beeinträchtigen:

  1. Schädigung der Erbinformation in den Spermien: dies kann zu Fehlbildungen oder Entwicklungsstörungen beim ungeborenen Kind führen.
  2. Beeinträchtigung der Spermienqualität, z.B. durch eine geringere Anzahl oder eingeschränkte Beweglichkeit, kann die Fruchtbarkeit verringert werden

Deshalb gilt: Wenn ein Studienmedikament potentiell das Sperma beeinflusst, dürfen Partnerinnen von männlichen Studienteilnehmern während der Studiendauer nicht schwanger werden. In solchen Fällen ist auch für männliche Teilnehmer eine sichere Verhütung während der gesamten Studiendauer verpflichtend. Vor Beginn der jeweiligen Studie werden die Teilnehmenden umfassend über die notwendigen Verhütungsmaßnahmen informiert. So lässt sich gemeinsam mit dem Studienarzt oder der Studienärztin eine passende Lösung finden.

Schwangerschaft klinische Studien | Novartis - klinische Forschung - zwei junger Männer schieben Fahrräder durch den Park

*Person & Lebensgeschichte wurde basierend auf Forschungsergebnissen und verschiedenen Patientenberichten erstellt.

 

zurück zum Newsfeed Aktuelle klinische Studien