Wie man als Patient*in in eine klinische Studie findet – Schritt für Schritt.
Sie interessieren sich für die Teilnahme an einer klinischen Studie? Dann führt Sie der erste Weg ans Studienzentrum. Dies kann eine Arztpraxis oder Klinik sein. Vielleicht waren Sie dort bereits in Behandlung und wurden deshalb auf die Studie angesprochen. Vielleicht wurden Sie aber auch von Ihrer behandelnden Ärztin / Ihrem behandelnden Arzt an das Studienzentrum überwiesen. Oder Sie haben selbst Kontakt zum Studienzentrum aufgenommen. Dann lernen Sie nun Ihre Studienärztin / Ihren Studienarzt kennen.
Sofern die groben Teilnahmebedingungen erfüllt sind und die Studie für Sie in Frage kommt, wird die Studienärztin / der Studienarzt zunächst das Aufklärungsgespräch mit Ihnen führen. Hier werden Ihnen alle Details zur Studie erklärt und Ihre Fragen beantwortet. Für dieses Gespräch sollte sich die Studienärztin / der Studienarzt viel Zeit nehmen. Scheuen Sie sich nicht Fragen zu stellen, eventuelle Bedenken zu äußern, oder nachzuhaken, wenn Sie etwas nicht verstanden haben. Es ist die Aufgabe der Studienärztin / des Studienarztes Ihnen die Studie so zu erklären, dass Sie mit gutem Gefühl eine persönliche Entscheidung treffen können.
Im Aufklärungsgespräch überreicht die Studienärztin / der Studienarzt Ihnen außerdem die Patienteninformation. Sie ist ein wichtiges Dokument, denn in ihr werden nochmals alle Details zur Studie erklärt, z.B. wie die Studie genau abläuft, welche Untersuchungen durchgeführt werden, wieviele Besuchstermine am Zentrum geplant sind und weswegen die Studie überhaupt durchgeführt wird. Sie erläutert auch, welche Erkenntnisse zum Prüfmedikament bisher gewonnen werden konnten, insbesondere welche Wirkungen und Nebenwirkungen festgestellt wurden. Weitere wichtige Themen der Patienteninformation sind unter anderem der Versicherungsschutz und der Datenschutz. Sie enthält außerdem die Einwilligungserklärung zur Studie. Mehr dazu unten, unter dem Punkt “Einwilligungserklärung”.
Nach dem Aufklärungsgespräch sollten Sie sich unbedingt einige Tage oder so viel Zeit wie Sie benötigen nehmen, um Ihre Entscheidung zu treffen. Sprechen Sie mit Angehörigen und Freunden über die Studie, recherchieren Sie bei Bedarf selbst im Internet. Sollten im Nachgang noch Fragen aufkommen, notieren Sie sich diese unbedingt. Sie können jederzeit ein weiteres Informationsgespräch am Studienzentrum vereinbaren, dann ist es hilfreich, wenn Sie sich ihre offenen Fragen aufgeschrieben haben. Wenn Sie möchten, kann auch eine Person Ihres Vertrauens an diesem Gespräch teilnehmen.
Sollten Sie sich gegen eine Studienteilnahme entscheiden, können Sie die Studienärztin / den Studienarzt bei dieser Gelegenheit fragen, welche bereits zugelassenen Therapien am besten für Sie geeignet sind.
Am Ende Ihres Entscheidungsprozesses und am Anfang jeder klinischen Studie steht die schriftliche Einwilligungserklärung. In dieser Erklärung bestätigen Sie, dass Sie umfassend über die bevorstehende Studienteilnahme informiert wurden und dass Sie freiwillig an der klinischen Studie teilnehmen möchten. Außerdem bestätigen Sie, dass Ihnen die Verwendung Ihrer persönlichen Daten und Untersuchungsergebnisse erklärt wurden und Sie damit einverstanden sind.
In einigen Studien gibt es optionale Untersuchungen, d.h. Sie können wählen, ob Sie an diesen teilnehmen möchten oder nicht. Dabei kann es sich z.B. um eine zusätzliche Untersuchung der Gene handeln oder eine gesonderte Beobachtung der Lebensqualität. In diesen Fällen wird in der Einwilligungserklärung zusätzlich festgelegt, welchen Behandlungsformen und -inhalten Sie zustimmen und was Sie gerne ausschließen möchten. So werden Ihre Rechte als Patient*in und Ihre Sicherheit gewahrt. Die Einwilligungserklärung kann außerdem jederzeit ohne Angabe von Gründen widerrufen werden. Aus einem solchen Widerruf entstehen Ihnen keine Nachteile. Mehr dazu erfahren Sie unten im Abschnitt “Widerruf”.
Die Aufnahmeuntersuchung dient der Überprüfung, ob eine bestimmte Studie für die interessierte Person auch wirklich geeignet ist. Die Sicherheit der Studienteilnehmenden steht dabei immer an erster Stelle. Mithilfe der Aufnahmeuntersuchung wird z.B. festgestellt, ob die untersuchte Erkrankung auch wirklich oder im vorgegebenen Schweregrad vorliegt. Außerdem wird geprüft, ob z.B. eine andere Erkrankung gegen eine Studienteilnahme spricht.
Um eine mögliche Gefährdung von ungeborenem Leben auszuschließen, darf bei Studienteilnehmerinnen keinesfalls eine Schwangerschaft vorliegen. Daher wird bei ihnen sicherheitshalber ein Schwangerschaftstest durchgeführt und sowohl weibliche als auch männliche Studienteilnehmer sind normalerweise verpflichtet, eine wirksame Form der Empfängnisverhütung anzuwenden. Genauere Informationen zu diesem Thema erhalten Sie hier.
All diese Maßnahmen sind sehr wichtig, um einerseits größtmögliche Sicherheit für die Teilnehmenden zu gewährleisten und andererseits vergleichbare, zuverlässige Ergebnisse zu erhalten.
Nach erfolgreicher Aufnahmeuntersuchung beginnt die eigentliche Studienteilnahme. Die Teilnehmenden werden in regelmäßigen Abständen gebeten zu sog. Visiten ans Studienzentrum zu kommen. Normalerweise werden alle Studienuntersuchungen im Rahmen dieser Visiten durchgeführt. Je nachdem, wie das Studienmedikament verabreicht wird, kann es sein, dass dann auch die Medikamentengabe stattfindet, z.B. wenn ein Medikament per Infusion oder Spritze verabreicht wird. Bei anderen Darreichungen können die Teilnehmenden ihr Studienmedikament auch zu Hause einnehmen. Solche Details können sich von Studie zu Studie sehr unterscheiden.
In nahezu allen Studien werden die Teilnehmenden gebeten ein Studientagebuch zu führen. Immer häufiger kommen dabei digitale Lösungen zum Einsatz, in vielen Studien erfassen die Teilnehmenden ihre Einträge aber auch noch in Papierform, in speziell bereitgestellten Heftchen. Das Studientagebuch dient dazu, die Medikamenteneinnahme und eventuell eintretende körperliche Reaktionen täglich genau zu dokumentieren. Da die Informationen aus den Studientagebüchern in die Studiendaten mit einfließen, müssen die Teilnehmenden bereit sein, dieses Studientagebuch nach ärztlicher Anweisung sehr pflichtbewusst zu führen.
Wie bei allen Medikamenten, können auch bei Studienmedikamenten Nebenwirkungen auftreten. Studienteilnehmer*innen die Reaktionen, wie z. B. Kopfschmerzen, Schwindel oder Unwohlsein, bei sich feststellen, sollten sich sofort an Ihre Studienärztin / Ihren Studienarzt wenden. Die Teilnehmenden werden in diesen Fällen umgehend am Studienzentrum untersucht. So kann das Studienpersonal feststellen, ob es sich um Nebenwirkungen aufgrund der Studienbehandlung, oder um reguläre Begleiterscheinungen der Erkrankung handelt. Auch andere Lebensumstände können ausschlaggebend für die auftretenden Reaktionen sein. In keinem Fall jedoch, dürfen die Medikamente eigenmächtig abgesetzt werden.
Wenn feststeht, dass die Nebenwirkungen durch das Studienmedikament hervorgerufen wurden, sollten sich die Teilnehmenden mit Ihrer Studienärztin / Ihrem Studienarzt über die die weitere Studienteilnahme beraten. Damit die Patient*innen die Vorteile und Risiken der Behandlung immer richtig für sich einschätzen können, werden sie regelmäßig über alle auftretenden Nebenwirkungen informiert, auch solche die nur bei anderen Studienteilnehmenden aufgetreten sind und nicht bei den Betroffenen selbst.
Während des gesamten Studienverlaufs wird im Rahmen der Visiten der Gesundheitszutand der Studienteilnehmer*innen sehr genau überwacht. Diese Kontrolluntersuchungen werden oft häufiger und genauer durchgeführt, als Untersuchungen außerhalb von klinischen Studien. Das Ziel ist es festzustellen, ob die Behandlung den Teilnehmenden gut tut und wo es noch Optimierungsmöglichkeiten gibt. Eine Therapie mit dem Studienmedikament wird nur dann bis zum Studienende durchgeführt, wenn sie insgesamt gut und zufriedenstellend verläuft.
Nach der letzten Behandlung mit dem Studienmedikament findet eine Abschlussuntersuchung statt. Dabei wird der Gesundheitszustand der Teilnehmenden genau geprüft, erfasst und mit den Daten der Aufnahmeuntersuchung verglichen. So lassen sich Rückschlüsse auf die Wirksamkeit des Studienmedikaments ziehen.
Für Studienteilnehmer*innen ist die Abschlussuntersuchung auch aus einem anderen Grund sehr wichtig: nur wenn sie duchgeführt wurde, bleibt der Versicherungsschutz nach der Studienteilnahme erhalten. Dies ist z.B. dann von Bedeutung, wenn nach Abschluss der Studie Nebenwirkungen auftreten, die mit dem Studienmedikament in Zusammenhang stehen, oder Langzzeitfolgen aus der Einnahme des Studienmedikaments entstehen sollten.
Sobald während des Studienverlaufs Reaktionen, wie z. B. Kopfschmerzen, Schwindel oder Unwohlsein, auftreten, wenden Sie sich bitte umgehend an Ihre Studienärztin / Ihren Studienarzt. Bitte setzen Sie die Medikamente nicht eigenmächtig ab. Das Studienpersonal wird feststellen, ob es sich bei den Reaktionen um Nebenwirkungen aufgrund der Behandlung, oder um Begleiterscheinungen des Krankheitsverlaufs handelt. Auch andere Lebensumstände können ausschlaggebend für die auftretenden Reaktionen sein.
Erst wenn feststeht, dass es sich um Nebenwirkungen aufgrund der Medikamenteneinnahme handelt, sollten Sie sich mit Ihrer Studienärztin / Ihrem Studienarzt über die weitere Studienteilnahme beraten. Damit Sie die Vorteile und Risiken der Behandlung für sich immer richtig einschätzen können, informieren wir Sie auch über Nebenwirkungen, die bei anderen Studienteilnehmenden auftreten, auch wenn Sie selbst nicht von Nebenwirkungen betroffen sind.
Widerruf
Alle Studienteilnehmer*innen können Ihre Einwilligung zur Studienteilnahme jederzeit und ohne Angabe von Gründen widerrufen. Wenn Sie nicht weiter an der Studie teilnehmen wollen, entstehen Ihnen aus dieser Entscheidung keinerlei Nachteile.
Es gibt vielfältige Gründe deretwegen Studienteilnehmer*innen sich für einen Studienabbruch entscheiden: eine Veränderung der Lebensumstände, ein Jobwechsel, ein Umzug, oder ein Familienmitglied braucht verstärkte Zuwendung. Vielleicht empfinden sie die Nebenwirkungen der Studienmedikation als zu belastend, oder die Wirkung als zu schwach. Manchmal schätzen Teilnehmende auch den zeitlichen Gesamtaufwand falsch ein. Deswegen ist es besonders wichtig, sich vor einer Einwilligung zur Studienteilnahme gründlich zu informieren und alle offenen Fragen zu klären, um enttäuschte Hoffnungen zu vermeiden.
Wenn sich Teilnehmende für einen Studienabbruch entscheiden, ist es ganz besonders wichtig, die Studienärztin / den Studienarzt umgehend zu informieren. Keinesfalls dürfen die Studienmedikamente ohne Rücksprache mit Studienärztin / Studienarzt einfach abgesetzt werden.
Alle Studienärzt*innen sind verpflichtet, dem Wunsch von Teilnehmenden nach Abbruch der Studie nachzukommen. Die Betroffenen müssen keine Gründe für den Abbruch nennen, aber wer Gründe angeben möchte, kann auf diese Art mithelfen, zukünftige Studien zu verbessern. Die Sicherheit und das Wohlbefinden der Studienteilnehmenden steht auch in dieser Situation an erster Stelle, d.h. die Studienärtzin / der Studienarzt wird die Betroffenen mit größter Sorgfalt auf eine Behandlung mit einem bereits zugelassenen Medikament umstellen.
In jedem Fall jedoch sollten Teilnehmende, die sich für einen Studienabbruch entscheiden, an der Abschlussuntersuchung teilnehmen. Sie wird auch bei Abbruch einer Studie durchgeführt, um den Gesundheitszustand festzustellen und sie sorgt dafür, dass der Versicherungsschutz aus der Studienteilnahme erhalten bleibt.