Herzschwäche & Erektionsstörungen
Nahezu jeder fünfte Mann [1] in Deutschland hat mit einer Erektionsstörung zu kämpfen. Eine erektile Dysfunktion tritt mit zunehmendem Alter immer häufiger auf, betrifft aber Personen jeglichen Alters: während lediglich 2,3% der 30- bis 40-jährigen Personen betroffen sind, leiden unter den 60- bis 70-Jährigen bereits über 34% daran. Bei den über 70-Jährigen ist sogar mehr als jede zweite Person betroffen.
Was ist eine erektile Dysfunktion und was ist Impotenz?
Erektile Dysfunktion bedeutet, dass eine Person über einen längeren Zeitraum hinweg in der Mehrheit der Fälle keine ausreichende Erektion für den Geschlechtverkehr bekommen oder die Erektion nicht aufrecht erhalten kann. Der Penis wird dabei entweder nicht ganz hart oder erschlafft vorzeitig.
Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass gelegentliche Probleme beim Sex nicht gleich eine erektile Dysfunktion bedeuten. Es ist vollkommen normal, ab und zu keine Lust zu haben, weil man zu müde, erschöpft oder von anderen Gefühlen vereinnahmt ist.
Im Volksmund wird die erektile Dysfunktion oft mit Impotenz gleichgesetzt. Dabei ist die Impotenz eigentlich der Oberbegriff für verschiedene Funktionsstörungen:
- Zeugungsunfähigkeit: Die Unfähigkeit ein Kind zu zeugen. Zeugungsunfähige Personen können jedoch problemlos Geschlechtsverkehr haben.
- Unfähigkeit zum Geschlechtsverkehr (erektile Dysfunktion): Die Betroffenen bekommen keine (anhaltende) Erektion, sind aber in der Lage, auf natürlichem Wege Kinder zu zeugen.
- Unfähigkeit zum Samenerguß (Anejakulation): Betroffene bekommen zwar eine Erektion und können Geschlechtsverkehr haben, ejakulieren jedoch nicht.

Was sind die Ursachen für eine erektile Dysfunktion?

Es kann viele Ursachen für eine erektile Dysfunktion geben, darunter:
- Dauerhaft erhöhter Blutzucker (Diabetes), Durchblutungsstörungen oder Bluthochdruck können das Auftreten einer erektilen Dysfunktion begünstigen.
- Hormonelles Ungleichgewicht kann ebenfalls Ursache für Erektionsprobleme sein.
- Hoher Alkoholkonsum, Rauchen oder andere Drogen können die Erektionsfähigkeit ebenfalls negativ beeinflussen. Bestimmte Medikamente können Erektionsstörungen auslösen.
- Psychische Faktoren wie Probleme in der Partnerschaft oder Stress können ebenfalls zu einer erektilen Dysfunktion führen.
Erektionsstörungen als Warnsignal für Herzkrankheiten
Es ist bereits seit längerem bekannt, dass Herzerkrankungen einen Einfluss auf die Erektionsfähigkeit haben können. Betroffene berichten häufig, dass sie bereits zwei oder drei Jahre vor der Diagnose Herzschwäche Erektionsprobleme hatten. Plötzliche Probleme mit der Potenz können ein Hinweis auf eine beginnende Herzschwäche oder andere Herzkrankheiten sein und sollten unbedingt ärztlich abgeklärt werden.
Herzkrankheiten und erektile Dysfunktion haben viele gemeinsame Risikofaktoren, wie beispielsweise eine Verkalkung der Blutgefäße (Arteriosklerose). Diese wird durch ungesunde Ernährung und Übergewicht begünstigt. Es kommt zu einer krankhaften Einlagerung von Fetten an der Wandinnenseite der arteriellen Blutgefäße, also jener Gefäße, die Blut vom Herzen weg in den Körper transportieren. Dadurch verengen sich die Arterien mit der Zeit, und weniger Blut kann vom Herz in den Körper gepumpt werden. Dadurch wird auch die Blutzufuhr zum Penis beeinträchtigt. Weniger Blut bedeutet in diesem Fall eine zu schwache oder gar keine Erektion. Da eine solche Arterienverkalkung nicht plötzlich entsteht, sondern über viele Jahren, treten Erektionsstörungen meist einige Jahre vor der Diagnose einer Herzkrankheit auf.

Mehrere Studien belegen diese Beobachtung und bestätigen, dass Erektionsstörungen erste Anzeichen eines Herzinfarktes oder Schlaganfalles sein können. Das bedeutet zwar nicht, dass Betroffene mit Erektionsstörungen automatisch gefährdet sind, aber das Risiko sollte durch eine ärztliche Untersuchung abgeklärt werden. Der Zusammenhang zwischen Herzerkrankungen und erektiler Dysfunktion wird weiterhin im Rahmen von klinischen Studien untersucht.
Scham – ein schlechter Ratgeber bei Erektionsstörungen
Für viele Personen ist das Sprechen über sexuelle Probleme eine große Hürde. Oft schämen sie sich, oder haben keine Übung darin. Gerade ältere Betroffene tun sich schwer, sich mit erektiler Dysfunktion einem Arzt oder einer Ärztin gegenüber zu offenbaren. Die Scham kann unterschiedliche Gründe haben. Der Irrglaube, bei älteren Menschen müsse das Interesse an Sex deutlich nachlassen. Sex ist jedoch keine Frage des Alters. Eine mangelnde Erektionsfähigkeit kann als persönliches Versagen und Makel empfunden werden. Körperliche Probleme sind jedoch nur ein Aufruf, dem Körper mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Ein Arztbesuch bringt häufig Klarheit und damit Erleichterung. Die Befürchtung, der Arzt/die Ärztin könnte seltsam reagieren ist unbegründet. Erektionsprobleme sind ein häufiges Problem und niemand ist der erste und einzige Patient, der damit zu kämpfen hat. Ein guter Arzt/eine gute Ärztin wird Erektionsprobleme immer vorurteilsfrei ernst nehmen und versuchen, die Ursachen zu ergründen.
So schwierig der erste Schritt auch erscheinen mag, Scham ist ein schlechter Ratgeber bei der Bewältigung einer erektilen Dysfunktion. Denn Erektionsstörungen sind ein häufiges Problem, mit dem niemand allein ist und für die es viele Behandlungsmöglichkeiten gibt.

Erektionsprobleme beheben – aber wie?

Hat die erektile Dysfunktion rein körperliche Ursachen, sollten diese mit einem Arzt/einer Ärztin abgeklärt werden. Die fehlende Erektionsfähigkeit verunsichert die meisten. Bis zur Diagnose der körperlichen Ursache entsteht also häufig auch eine psychische Belastung. Auch in diesem Fall kann eine begleitende Beratung oder Psychotherapie Entlastung bringen.
Bei einer medikamentösen Therapie kommen oft potenzsteigernde Medikamente mit einem sog. PDE-5-Hemmer zum Einsatz. Das wohl bekannteste Medikament dieser Art ist Sildenafil, besser bekannt als Viagra. PDE-5-Hemmer verursachen vor allem eine Erweiterung von Blutgefäßen, was zum Anschwellen des Penis und damit zu einer stärkeren Erektion führt.
Es gibt aber auch verschiedene Hilfsmittel, die ergänzend oder anstelle einer medikamentösen Therapie eingesetzt werden können. Hierunter fällt zum Beispiel die Penispumpe, welche durch einen Unterdruck auf natürliche Weise zu einer Versteifung des Penis führt. Auch ein Penisring, der über den Penis gelegt wird, dient zur Erhaltung oder Verstärkung einer Erektion. Diese Hilfsmittel sind einfach einsetzbar.
In manchen schweren Fällen kommt als letzte Therapiemöglichkeit eine Penisprothese zum Einsatz. Das Schwellkörper-Implantat wird im Rahmen einer Operation in den Penis eingebracht. Meist kommt ein hydraulisches Penis-Implantat zum Einsatz, das vor dem Geschlechtsverkehr manuell mit Flüssigkeit gefüllt wird, wodurch eine Versteifung des Penises ermöglicht wird.
Sollten verkalkte Arterien die Ursache für die erektile Dysfunktion darstellen, kann die Durchblutung durch eine Ballonkatheter-Behandlung verbessert werden. Hierbei wird über einen kleinen Hautschnitt in der Leiste ein Katheter in das Blutgefäß bis zur verengten Stelle geschoben und an dieser Stelle dehnt ein Ballon die Verengung wieder auf. Diese Medthode befindet sich jedoch noch in den Anfängen und wird aktuell nur im Rahmen von klinischen Studien angewendet.
Wichtig ist aber in allen Fällen: beginnende oder vorhandene Erektionsprobleme sollten ernst genommen und mit einem Arzt/einer Ärztin abgeklärt werden.
[1]Braun et al., Int J Impot Res. 2000 Dec;12(6):305-1;Epidemiology of erectile dysfunction: results of the ‘Cologne Male Survey’ NIH Consensus Development Panel on Impotence. NIH Consensus Conference. Impotence. JAMA 1993; 270: 83– 90